Pränatalmedizin


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Die Pränatalmedizin (häufig auch Pränataldiagnostik genannt) beschäftigt sich mit den Untersuchungen, die bereits in der Schwangerschaft Aussagen über eine eventuell vorliegende Krankheit oder Behinderung eines Babys machen können.

In der Regel werden mit dem Begriff "Pränataldiagnostik" Untersuchungen gemeint, die über die regulären Vorsorgeuntersuchungen hinausgehen. Der Difinition nach fällt aber schon der gewöhnliche Ultraschall genau genommen in die Kategorie der Pränataldiagnostik. Daher sind die Grenzen zwischen Vorsorge und PND fließend.

Alle Untersuchungen, die in der Schwangerschaft gemacht werden können, sind freiwillig. Die werdende Mutter kann sich für oder gegen die Durchführung von pränataldiagnostischen Untersuchungen entscheiden oder dafür, einzelne Untersuchungsergebnisse nicht erfahren zu wollen, denn es gibt ein Recht auf Nichtwissen.

Grundsätzlich ist es wichtig, dass die werdenden Eltern, trotz Aufregung und Unsicherheit, im Kopf behalten, dass etwa 95 % aller Babys gesund auf die Welt kommen und nur 3 % alles Behinderungen angeboren sind.

Vorteile von Pränatalmedizin

Oft können Bedenken der Schwangeren über den Verlauf der Schwangerschaft mit der Pränataldiagnostik ausgeräumt oder gemindert werden. Durch die Pränataldiagnostik können aber auch Fehlbildungen oder schwere Erkrankungen des Ungeborenen erkannt werden. In manchen Fällen besteht bei solch einem Befund die Chance von vorgeburtlichen Therapiemöglichkeiten. In seltenen Fällen kann bereits im Mutterleib operiert werden, oder direkt nach der Geburt. So kann bspw. ein Herzfehler schon bei Neugeborenen behandelt werden - die Pränatalmdezin ermöglicht es Eltern und Ärzt*innen sich darauf vorzubereiten. 

Andere Diagnosen hingegen ergeben, dass eine Behinderung oder unheilbare Krankheit vorliegt. Es ist auch möglich, dass erkannt wird, dass das Kind voraussichtlich nicht lebensfähig sein wird. Dieses Wissen bereits in der Schwangerschaft zu haben, kann für manche Eltern das Verarbeiten der Erfahrung erleichtern.

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Nachteile von Pränatalmedizin

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Von pränatalmedizinischen Untersuchungen erhoffen sich viele werdende Eltern die beruhigende Gewissheit, dass mit dem Kind alles in Ordnung ist. Durch die medizinisch-technischen Möglichkeiten kann der Eindruck entstehen Schwangerschaft, Geburt und angeborene Behinderung seien umfänglich zu kontrollieren. Doch eine Garantie für die Gesundheit des Babys kann es nicht geben, auch wenn alle möglichen Untersuchungen vorgenommen werden. Die Chancen und Grenzen der Pränataldiagnostik, die implizierten ethischen Konflikte und Krisen sind dabei schwer zu überschauen.

Es ist wichtig bei den Überlegungen zu beachten, dass nur ein Teil möglicher Beeinträchtigungen und Erkrankungen überhaupt während der Schwangerschaft festgestellt werden kann. Außerdem sind die Testergebnisse häufig nicht eindeutig, sodass sie unter Umständen weitere Untersuchungen nach sich ziehen können. Es lassen sich zwar viele Beeinträchtigungen und Entwicklungsstörungen des Kindes mit pränataldiagnostischen Verfahren erkennen, eine Behandlung in der Schwangerschaft ist jedoch nur bei einigen Krankheiten möglich. 

Selbst eindeutige auffällige Testergebnise sagen meist nichts oder wenig darüber aus, wie schwer eine Krankheit oder Beeinträchtigungen verlaufen und welche Einschränkungen sie mit sich bringen werden. Es ist außerdem möglich, dass Erkrankungen oder Beeinträchtigungen von den Tests übersehen werden. Und schließlich liefern manche Tests falsch-positive Ergebnisse. Das heißt, dass das Kind trotz auffälligem Befund gesund ist. Solche falsch-positiven Ergebnisse verursachen oft unnötige Ängste und Sorgen.

Untersuchungsmethoden

Nicht invasiv

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Nicht-invasive Untersuchungen greifen nicht in den Körper der Frau ein und stellen somit keine Gefahr für das Ungeborene dar. Nach einer nicht-invasiven Untersuchung liegt keine Diagnose vor, sondern eine in Zahlen ausgedrückte Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung oder Behinderung, die vorliegen kann, aber nicht muss. Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen Untersuchungen um die Abklärung von Trisomie 21, 18 und 13.

Ultraschall-Untersuchungen

  • Nackentransparenz-Test („Nackenfalten-Ultraschall“) im Rahmen des Ersttrimester-Screenings: Die Flüssigkeitsansammlung im Bereich des kindlichen Nackens kann bei zunehmender Größe ein Hinweis für eine Chromosomenstörung (z.B. Trisomie 21/"Down-Syndrom") und/oder Fehlentwicklungen des ungeborenen Kindes sein. Die Untersuchung wird in der 12.–14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Auffällige Messwerte geben lediglich einen Hinweis, stellen jedoch keine Diagnose dar, sodass immer weitere Untersuchungen notwendig werden. Auch Kinder mit auffälliger Nackentransparenz können gesund sein.
  • Fehlbildungs- oder Feindiagnostik-Ultraschall: Dieser Ultraschall liefert besonders hochauflösende Bilder. Wenn bei einer der Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der regulären Schwangerschaftsvorsorge Risiken oder Auffälligkeiten festgestellt werden, ist auf Wunsch der werdenden Eltern der detailliertere Organultraschall (sonografische Feindiagnostik) möglich. Dieser wird zwischen der 19. und 22. Schwangerschaftswoche von speziell dafür ausgebildeten Pränatalmediziner*innen durchgeführt. Darüber hinaus werden bei bestimmten Fragestellungen spezielle Ultraschalluntersuchungen vorgenommen:
  1. Doppler-Ultraschall: Überprüfung der Durchblutung von Gebärmutter, Plazenta und Nabelschnur sowie wichtiger Gefäße des Kindes.
  2. Echokardiographie: Genauere Untersuchung des kindlichen Herzes, d.h. Funktion der Herzklappen und Blutstrom im Herz.
  3. 3D-Ultraschall: Viele einzelne Ultraschallschnittbilder des Babys werden zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt.
  4. 4D-Ultraschall: Das dreidimensionale Bild des Kindes wird in Echtzeit dargestellt, sodass Kindesbewegungen unmittelbar sichtbar werden.
Bluttests

  • Blut-Untersuchungen im Rahmen des Ersttrimester-Screenings: Im Blut der Schwangeren werden die Werte des Hormons HCG und des Eiweißes PAPP-A gemessen. Von der Norm abweichende Werte können auf eine Chromosomen-Abweichung beim ungeborenen Kind hinweisen.
  • Bluttests auf genetische Abweichungen beim ungeborenen Kind (NIPT): Es werden DNA-Fragmente aus der Blutprobe der Schwangeren untersucht, woraus sich die Wahrscheinlichkeit für bestimmte genetisch bedingte Fehlbildungen des Ungeborenen abschätzen lassen. Es können Trisomien, Abweichungen der Geschlechtschromosomen und genetische Erkrankungen getestet werden. Ein NIPT ist ab der 10. Schwangerschaftswoche möglich.

Invasiv

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Invasiv bedeutet, dass die Methode mit einem Eingriff in den Körper der Mutter verbunden ist, der über eine einfache Blutentnahme hinausgeht. Ein Vorteil dieser Untersuchungen ist die hohe Sicherheit der Ergebnisse, insbesondere bei der Chromosomenanalyse. Invasive Verfahren können jedoch das Risiko eines Abortes erhöhen. Das Risiko für eine Fehlgeburt liegt heute bei 0,5–1 %. Ärztinnen und Ärzte schlagen eine invasive Untersuchung vor allem dann vor, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Erkrankung beim Kind vorliegt. Ein solcher Verdacht ergibt sich beispielsweise aus einer vorangegangenen nicht-invasiven Untersuchung wie einer Ultraschall-Untersuchung oder dem Ersttrimester-Screening.

Chorionzottenbiopsie (Plazenta-Punktion): Weil die Zellen aus der Plazenta den kindlichen Zellen gleichen, erlaubt die Untersuchung zuverlässige Aussagen über eine mögliche Erkrankung oder Behinderung des Ungeborenen. Sie kann ab der 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Durch die Plazenta-Punktion lässt sich klären, ob Chromosomen-Abweichungen wie bei einer Trisomie vorliegen. Auch ein Test auf bestimmte Stoffwechselkrankheiten wie die Mukovoszidose ist möglich.

Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung): Bei der Fruchtwasser-Untersuchung entnimmt eine Ärztin oder ein Arzt Fruchtwasser aus der Fruchtblase. Die kindlichen Zellen werden in einem Labor zum Beispiel auf die Anzahl und Struktur der Chromosomen untersucht. Darüber hinaus kann eine Genanalyse auf bestimmte Erbkrankheiten durchgeführt werden. Auch das Fruchtwasser selbst lässt sich untersuchen, etwa wenn Verdacht auf eine Infektionskrankheit besteht. Die Amniozentese ist ab der 16. SSW möglich.

Chordozentese (Fetalblutentnahme oder Nabelschnur-Punktion): Eine Nabelschnur-Punktion erfordert besondere ärztliche Erfahrung und wird deswegen nur in Spezialzentren durchgeführt. Im Prinzip handelt es sich um eine Blutentnahme beim ungeborenen Kind. Sie kann ab der 18. SSW durchgeführt werden. Im Blut lässt sich zum Beispiel erkennen, ob eine kindliche Blutarmut (Anämie), eine Rhesus-Blutgruppen-Unverträglichkeit oder eine Infektion vorliegt.                                         

Die Besonderheit bei der Nabelschnur-Punktion ist, dass die Ärztin oder Arzt einen unmittelbaren Zugang zum Blutkreislauf des ungeborenen Kindes hat. So lassen sich bei Bedarf auch direkt Medikamente oder Bluttransfusionen verabreichen.

Kostenübernahme durch Krankenkassen

In der Regel müssen Eltern pränataldiagnostische Untersuchungen, die über die drei Standard-Ultraschalluntersuchungen hinausgehen und auf eigenen Wunsch erfolgen, als individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) selbst bezahlen. Seit Juli 2022 bezahlen die Krankenkassen jedoch den nicht invasiven Pränataltest (NIPT).

Wenn ein konkreter Verdacht vorliegt, etwa wenn sich bei den regulären Vorsorgeuntersuchungen Auffälligkeiten ergeben oder Erbkrankheiten in der Familie vorkommen, werden die Kosten der weiteren Untersuchungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Privat versicherte Frauen erkundigen sich am besten bei ihrer Krankenkasse, welche Kosten sie übernimmt.

Rolle der Schwangerschaftsberatungsstellen

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Die Pränatalmedizin ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das überfordern kann. Häufig werden von den werdenden Eltern jedoch schnelle Entscheidungen erwartet. Eine Beratung gibt Ihnen die Möglichkeit sich Zeit für die eigenen Empfindungen zu nehmen.

Die Untersuchungsergebnisse können bei jeder pränataldiagnostischen Untersuchung weitreichende Konsequenzen haben. Eltern sehen sich plötzlich mit Fragen konfrontiert, wie viel sie überhaupt erfahren möchten und was ein auffälliger Befund für sie bedeuten würde. Dieser konkrete Abwägungs- und Entscheidungsprozess beginnt schon kurz nach der Feststellung einer Schwangerschaft. 

Psychosoziale Beratung kann in diesem Prozess im Rahmen der Schwangerschaftsberatung zu jedem Zeitpunkt unterstützen. Wir als unabhängige und neutrale Beraterinnen können bei Gesprächsbedarf für Sie da sein und Sie ergebnisoffen auf Ihrem Weg begleiten.